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Beitrag vom 11.06.2015
Sophie Auster - Dogs and Men
Julia Lorenz
Vertrackte Rhythmen und berückende Schönheit: Mit ihrem zweiten Album geht die New Yorker LiteratInnentochter einen Schritt weiter als mit ihrem Debut - und präsentiert sich als Songschreiberin...
...mit Mut zu Reibungspunkten.
Es ist der Fluch der berühmten Mütter und Väter, der Sophie Auster anhaftet. Wer über sie spricht, kommt an ihren Eltern, dem AutorInnenpaar Siri Hustvedt und Paul Auster, kaum vorbei. Schon früh haben Hustvedt und Auster, zwei der einflussreichsten LiteratInnen der Gegenwart, die Tochter auf ein Leben im Kulturbetrieb vorbereitetet: Mit acht Jahren begann Sophie Auster Gesangsunterricht zu nehmen, reüssierte als Schauspielerin in Paul Austers Film "Lulu on the Bridge" und veröffentlichte vor neun Jahren ihr selbstbetiteltes, von Kritiker_innen hochgelobtes erstes Album - ebenfalls mit elterlicher Beteiligung: Der Vater steuerte Songtexte bei und vermittelt den Kontakt zur Ethnopopband ´One Ring Zero´, die das Debut instrumentierte. Der Vorwurf, Auster profitiere vom großen Namen der Eltern, ist da schnell formuliert.
Dabei wollte sich Sophie Auster schon früh als eigenständige Künstlerin verstanden wissen. "Ich will (...) nicht nur ein weiteres hübsches Gesicht auf der Bildfläche sein. Davon gibt es mehr als genug hier in New York", sagte die damals 18-jährige der Schweizer Weltwoche anlässlich der Veröffentlichung ihrer ersten Platte. Nun, neun Jahre später, bringt Auster ihr neues Album heraus. Und die führt den Weg in Richtung Eigenständigkeit entschieden fort: Während sie auf ihrem Debutalbum unter anderem Gedichte bedeutender französischer Lyriker wie Guillaume Apollinaire interpretierte, stammen Alle Songs auf "Dogs and Men" aus ihrer eigenen Feder.
Um Hunde und Männer geht es dabei eher auf symbolischer Ebene. Die Herren, so erläutert die Künstlerin, seien Chiffre für Liebe und amouröse Verwicklungen - ganz manifeste Probleme also -, während Hunde die surreale Komponente des Albums repräsentieren. Und die macht Austers zweite LP so interessant. "Going Down" beginnt ratternd, bevor Auster das knarzende Songgerüst zum berückenden Popsong ausbaut, "Little Bird" startet mit einem verschlurft-verträumten Rhythmus und nimmt schließlich Fahrt auf, und in "Leave me strange" trifft ein Glockenspiel auf gefährlich funkelnden Gitarren-Twang.
So gekonnt spielt Auster mit dem Kontrast zwischen rumpelnder Dynamik und ihrer betörend klaren, dunklen Stimme, dass die Vogue bereits befand, sie klänge wie der musikalische Nachwuchs von Billie Holiday und Tom Waits. Die kantige Spielart des Folk-Pop, die Auster auf "Dogs and Men" mit einer Session-Band umsetzt, steht ihr gut zu Gesicht. So gut, dass sich die Hörerin fast wünscht, Auster würde jenen hintersinnigen Sound, den sie mit ihrer neuen Platte prägt, noch konsequenter weiterführen. Denn den ganz großen Pop-Aufschlag - wie im Opener "Bad Manners" - braucht sie nicht. Trotzdem: Mangelnde Eigenständigkeit wird Sophie Auster nach "Dogs and Men" wohl endgültig niemand mehr vorwerfen können.
AVIVA-Tipp: Poetisches Songwriting und kauzige Soli, Drama und Leichtigkeit: Sophie Auster wagt sich auf Dogs and Men an Widersprüche, statt es sich mit ihrem dunklen, verführerischen Timbre in der Jazz-Pop-Ecke bequem zu machen. Ein selbstbewusstes Zweitwerk.
Zur Künstlerin: Sophie Auster wurde 1987 in Brooklyn, New York City, geboren. Neben Gesangs- nahm sie Schauspielunterricht und war bereits in diversen Filmproduktionen zu sehen. Nach ihrem Debutalbum "Sophie Auster" (2006) veröffentlichte sie 2012 die EP "Red Weather".
Weitere Infos zur Autorin unter www.sophieaustermusic.com, twitter.com/SophieHAuster, www.facebook.com/SophieAusterMusic, instagram.com/sophieauster
Sophie Auster
Dogs and Men
VÖ: 12. Juni 2015
Label: Out Loud Music
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